Babygirl
Halina Reijn, USA, 2024o
A high-powered CEO puts her career and family on the line when she begins a torrid affair with her much younger intern.
Nicole Kidman als allmächtige Gründerin und CEO eines New Yorker Robotik-Unternehmens, die sich auf devote Spiele mit einem rotzfrechen Praktikanten einlässt und damit ihre Karriere und Familie aufs Spiel setzt: Welches Kino will da abseitsstehen? Babygirl ist der Blockbuster der Woche, und dies aus guten Gründen. Die holländische Hollywood-Newcomerin Halina Reijn, in ihrem Heimatland längst eine gestandene Regisseurin und seit der einschlägigen Serie Redlight auch ein internationaler Name, hat sich dieses clevere Erotikdrama ausgedacht und inszeniert es mit Topbesetzung in verführerischem Licht. Kidman hat als mustergültig glatte Firmenchefin Romy auch eine Musterfamilie mit einem netten Theaterregisseur (Antonio Banderas) und zwei halbwüchsigen Töchtern, vermisst in ihrer Ehe aber das Prickeln und onaniert heimlich zu Pornos, in denen Männerhände auf Frauenhintern klatschen. Eine ähnliche Lust an der Unterwerfung kommt auf, als Romy bei der Arbeit einem unverschämten und unverschämt attraktiven Praktikanten begegnet (Harris Dickinson, das männliche Model aus Triangle of Sadness), der seine dreissig Jahre ältere Chefin schon beim Kaffeeholen und erst recht im Bett zu dominieren versucht. Es braucht nicht nur die Kühnheit und den anhaltenden Sexappeal, sondern auch das schauspielerische Können einer Nicole Kidman, um aus dieser Handlungsvorgabe ein schillerndes Spiel mit der Gefahr zu machen, in dem die Machtverhältnisse ständig umschlagen. Die Figur Dickinsons bleibt vergleichsweise schemen- und rätselhaft, doch legt das Drehbuch dem Schnösel stets hinreichend gute Begründungen für seine gesammelten Grenzüberschreitungen in den Mund. Bezeichnenderweise setzt sich in der schwächeren zweiten Hälfte des Films, in der Romy zeitweise jede Kontrolle über die Affäre verliert, die puritanisch-amerikanische Dramaturgie der Konfliktlösung mit Geständnis-, Sühne- und Vergebungszwang durch – wobei es die Heldin bei der finalen Beichte ihrer sexuellen Phantasien über einen Wortschwall vager Andeutungen nicht hinausbringt. Man möchte am Ende doch nicht in der Haut ihres Liebhabers oder Ehemanns stecken.
Andreas Furler